Dankbar

Von meiner jüngeren Schwester habe ich zum vergangenen runden Geburtstag ein Buch bekommen, das mir in letzter Zeit oft sehr hilfreich ist. Es heißt "Dankbar leben - Ein inspirierendes Praxisbuch" und hat mich vor kurzem dazu animiert, die Übung "Schatztruhe des Lebens" auszuprobieren.

In kurzen Stichworten notierte ich schöne Erinnerungen aus jedem einzelnen Lebensjahrzehnt auf Zettelchen und legte sie gefaltet in eine kleine Schatztruhe. Mit der Zeit kommen weitere schöne Erinnerungen dazu. Und zwischendurch habe ich die Möglichkeit, mir einen Erinnerungsschatz zu ziehen und daraus Kraft zu schöpfen. Weiter im Buch stehen auch diese beiden Sätze, die mich nach dieser Übung innerlich tief berührt haben: "Wir bekommen, was wir suchen. Wenn wir einen Schatz suchen, werden wir auch einen Schatz finden. Wenn wir suchen, was falsch ist, werden wir finden, was falsch ist." Ganz deutlich konnte ich einmal mehr spüren, dass ich selber entscheiden darf, worauf ich meine Aufmerksamkeit richte.

Und einmal mehr wurde mir bei dieser Übung bewusst, dass es nicht die großartigen und kostspieligen Ereignisse sein müssen, die für mich ein wertvoller Erinnerungsschatz sind. Gerade in meinen ersten beiden Lebensjahrzehnten sind es sehr einfache Erlebnisse, die mich mit großer Dankbarkeit erfüllen - auch jetzt noch. Dazu gehört zum Beispiel das abendliche "Brockansuppnessen" mit meiner Oma direkt am noch warmen Kachlofen. In leicht gezuckertem Malzkaffee eingebrockte Schwarzbrotstücke, in der alten Emaille-Schüssel mit zwei kleinen Henkeln, ich auf dem Schoß meiner Oma sitzend, ein Löffel voll sie, ein Löffel voll ich. Das Gefühl der Geborgenheit ist sofort wieder da, wenn ich an dieses Ritual denke.

Mir fällt sofort auch das Spazierengehen mit meinem Opa ein: In der einen Hand hatte er seinen Gehstock, in der anderen Hand hielt er meine, noch ganz kleine Hand. Ich muss damals um die drei Jahre alt gewesen sein. Bis zum "Bergerbühel" und wieder zurück - das war unsere Wegstrecke.

Ein anderes Erlebnis einige Jahre später war ein sehr tiefgreifendes Gespräch mit meinem Deutschlehrer während der Maturavorbereitung.

Für all diese Erinnerungsschätze wurden keine großen Geldbeträge  benötigt. Die Menschen, die damit zu tun haben, haben mir ihre Zeit, ihre Ruhe und ihre Wertschätzung geschenkt. Und dafür bin ich all jenen, die mir solche positiven, nachdrücklichen Erlebnisse bereitet haben, unendlich dankbar.

Ob ich als Mama, Ehefrau, Freundin, Schwester, Tante, Tochter, Kollegin, Lernbegleiterin ... auch zu solch schönen Erinnerungen beitragen kann? Ich bemühe mich! Aber ich weiß auch, dass ich das noch gut üben darf.

Und dass ich dieses neue Übungsfeld anhand des Buches entdecken durfte, dafür bin ich meiner "kleinen" Schwester natürlich auch unendlich dankbar.